"Lieber schön falsch, als fies richtig"

23 Chöre kamen zum Kreiswertungssingen in die Zotzenbacher Trommhalle, um ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. In der festlich geschmückten Halle war durch die gute Vorbereitung ein störungsfreier Ablauf gewährleistet. 15 Männerchöre, sechs gemischte Chöre und zwei Frauenchöre aus dem Sängerkreis Weschnitztal-Überwald zeigten die Vielfalt der musikalischen Ausdrucksformen mit Chorliteratur vom 19. Jahrhundert bis heute.

Der bisherige Vorsitzende des Sängerkreises, Horst P. Vetter, der neue zweite Vorsitzende Horst Gramlich und der Vorsitzende des gastgebenden Sängerbundes Zotzenbach, Norbert Wegener, begrüßten die Sängerinnen und Sänger und den Wertungsrichter Volker Hempfling aus Köln. Kurt Geiss vom gastgebenden Verein führte souverän durch das Programm.

Breites Lieder-Repertoire

Es zeigte sich, dass die ausgesuchten Lieder und Vorträge inzwischen qualitativ und inhaltlich weit über das hinausgehen, was man sich üblicherweise unter dem traditionellen Chorgesang vorstellt.

Neben deutschsprachigen Vorträgen gab es eine Vielzahl vor allem englischsprachiger Präsentationen, aber auch das Italienische, Schwedische und Slowakische waren vertreten.

Aus dem englischen Sprachraum waren es vor allem Spirituals, wie "Elia Rock", "Swing low, sweet chariot" oder "Mary had a little baby", aber auch Sätze aus der Popmusik-Literatur, wie "The Longest Time" von Billy Joel und bekannte Shanties, wie "What shall we do with a drunken Sailor". Auch klassische Komponisten waren vertreten: Robert Schumann ("Ein Jüngling liebt ein Mädchen" und "Die Minnesänger") und Gioacchino Rossini (Preghira) sind hier zu nennen.

Gute bis hervorragende Qualität

Die gute bis hervorragende Qualität, die sich später in den Beurteilungen wieder finden sollte, war auch den vielen Solisten zu danken, die demonstrierten, dass die Qualität eines Chores das Produkt von vielen guten Stimmen ist. Exemplarisch seien hier Mathias Lannert (GV Eintracht Fahrenbach, Lied der Berghirten) und Bernhard Wolbert (Harmonie Brombach-Kröckelbach, The Longest Time) herausgestellt.

Die Dirigenten aus der Region, die zum Teil mehrere Chöre leiten, stellen ein gute Mischung aus bewährten und erfahrenen und jüngeren Leitern dar, die neue Ideen entwickeln und mit ihren Chören realisieren. Lucia und Harald Eck, Fritz Treusch, Richard Trares, Erich Schütz, Ernst Kratzert und Hans Helfrich einerseits und Edith Schmitt, Frank Ewald, Oliver Fath, Thomas Reisig und Hans-Joachim Karl andererseits sind hier zu nennen. Auch wenn in der Öffentlichkeit immer wieder von der Überalterung der Gesellschaft und damit der Chöre geredet wird, zeigten einige Chöre aber auch, dass auch junge Leute gut und gern singen: Nicht nur der "Junge Chor" des Volkschores Birkenau, sondern beispielweise auch die Union Wald-Michelbach und der Aschbacher Männerchor repräsentierten die junge Generation.

Profunder Wertungsrichter

Mit Volker Hempfling hatte man einen Wertungsrichter verpflichtet, der über einen ausgezeichneten Ruf in der deutschen und internationalen Chorszene verfügt. Er war und ist Domorganist am Altenberger Dom, Leiter des Gürzenich-Chores Köln und der Kölner Kantorei, Professor für Chorleitung an der Musikhochschule des Saarlandes und an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf sowie Herausgeber der deutschen Volkslieder-Sammlung "Lore-Ley".

Hempfling legte im Anschluss an die Auftritte der Chöre und in den Kritikgesprächen mit den Chorleitern seine Auffassung von "guter" Chormusik dar. An erster Stelle steht für ihn der Klang nach dem Motto "Lieber schön falsch als fies richtig". Er gab zahlreiche Hinweise, wie Chorleiter ihre Sängerinnen und Sänger "überlisten" können, um erheblich mehr aus ihrem Potenzial herauszuholen: Bewegung, Aktivierung des "Bauches", also des Zwerchfells, und richtiges Sitzen waren nur einige der Ratschläge, die er gab.

Eine völlig neue Erfahrung machten viele Dirigenten und Sänger zum Abschluss des Wettbewerbs, als die Chöre Immergrün Hartenrod (Leitung Hans Helfrich) und MGV Union Wald-Michelbach (Leitung Hans-Joachim Karl) sich einer neuartigen Bewertung unterzogen. Diese Alternative war im Vorfeld vom Sängerkreis angeboten worden.

Die Verbesserung direkt erlebt

Nach ihrem Vortrag kam Hempfling zu ihnen auf die Bühne und gab dort gezielt und konkret Hinweise zur stimmlichen Verbesserung durch Bewegung und Körperhaltung. Die Chöre sangen einige Passagen mehrere Male hintereinander und die Zuhörer konnten erleben, wie sich der Klang verbesserte.

Es bleibt zu hoffen, dass beim nächsten Kreiswertungssingen in zwei Jahren mehr Chöre von diesem Angebot Gebrauch machen.

Quelle: www.wnoz.de (Odenwälder Zeitung), Artikel vom: 29.04.2009.

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